Matthew Messer
Chefredakteur
Biotin ist für mehrere wichtige biologische Prozesse notwendig und ein Mangel an Biotin kann schwerwiegende Folgen haben. Interessanterweise ist bis heute nicht genau bekannt, wie viel Biotin man benötigt. Offiziell geht man davon aus, dass die meisten Menschen genug Biotin zu sich nehmen, aber es ist auch möglich, dass ein Biotinmangel und seine Folgen viel mehr Menschen betreffen, als zunächst angenommen.
Die Entdeckung von Biotin
Biotin wurde 1927 entdeckt, aber erst 40 Jahre später hat man bestätigt, dass es ein essenzielles Vitamin ist, d. h. dass es für unsere Gesundheit unerlässlich ist. Der menschliche Körper kann es dennoch nicht selbst herstellen.
Zu den Symptomen eines Biotinmangels gehören dünner werdendes Haar, rote Hautausschläge um Nase und Mund und verschiedene Probleme des Nervensystems. Da Biotin eine Schlüsselrolle im Stoffwechsel spielt, kann eine zu niedrige Aufnahme auch eine Reihe allgemeiner Symptome verursachen wie Müdigkeit und Depressionen.
Ein Mangel kann leicht durch den Verzehr von viel rohem Eiweiß verursacht werden, das eine Substanz namens Avidin enthält, die Biotin im Verdauungstrakt bindet. Zwar kann eine Hitzebehandlung den Avidin-Gehalt deutlich senken, er wird aber erst nach 8 Minuten Kochzeit vollständig aus den Eiern entfernt.(1)
Ein leichterer Biotinmangel kann möglicherweise ausgesprochen häufig vorkommen, da man nicht genau weiß, wie hoch der tatsächliche Bedarf ist - und letzteres wird sogar von mehreren Faktoren beeinflusst. Gerade diese "leichten Mängel" sind schwer zu erkennen, da Müdigkeit oder Unwohlsein auch zahlreiche andere Ursachen haben können.
Die empfohlene Menge ist nicht gut begründet
Da zur Bestimmung des genauen Biotinbedarfs keine ausreichenden Informationen vorlagen, wurde eine sogenannte "angemessene Zufuhr" festgelegt.(3,4) Dabei wurde einfach die durchschnittliche Tageszufuhr von Erwachsenen als angemessener Wert festgelegt, da ein Biotinmangel bei herkömmlicher Ernährung bekanntlich sehr selten sein soll. Laut einigen Studien liegt die durchschnittliche Zufuhr eher bei 35-70 Mikrogramm pro Tag, was bis zu doppelt so hoch sein könnte wie die 30-35mcg, die schließlich akzeptiert wurden.(5)
Einer Studie aus dem Jahr 1997 zufolge lässt sich die Biotinaufnahme am genauesten nicht anhand des Biotin-Serumspiegels, sondern anhand des Gehalts an Biotin und einer speziellen Substanz namens 3-HIA im Urin bestimmen.(6) Dies ist ein Stoffwechselnebenprodukt, das sich bei Biotinmangel anreichert und dessen Ausscheidung daher deutlich erhöht wird. Wenn also der Urin niedrige Biotinwerte und hohe Werte des Nebenprodukts 3-HIA aufweist, deutet das darauf hin, dass ein biotinabhängiges Enzym nicht richtig funktioniert, also ein Mangel vorliegt.
Die "angemessene Zufuhr" ist wahrscheinlich zu niedrig
In einer 2002 veröffentlichten Studie wurde festgestellt, dass herkömmliche Ernährung nicht genügend Biotin enthält.(7) Dies wird durch eine Grafik veranschaulicht, in der die Werte von zwei Personen verglichen werden. Bei einer Person entstand durch den Verzehr von Eiweiß ein Biotinmangel und sie ernährte sich anschließend von konventioneller Mischkost. Die andere Person ergänzte ihre konventionelle Ernährung mit 300 Mikrogramm Biotin zusätzlich zu Leucin.
Das bereits erwähnte biotinabhängige Enzym ist auch für den Abbau von Leucin verantwortlich, sodass es bei unzureichender Biotinaufnahme seine Funktion nicht erfüllen kann und die bereits erwähnte 3-HIA-Ausscheidung im Urin erhöht ist.
A
Selbst eine normale Biotinzufuhr zeigt im Vergleich zur Supplementierung einen Mangel auf.
3-HIA-Ausscheidung
35 mg/kg Leucin
Biotinsupplementierung
"Normales" Biotinstatus
Biotinmangel
B
Selbst bei einer normalen Biotinzufuhr ist die 3-HIA-Ausscheidung mehr als doppelt so hoch
3-HIA-Ausscheidung
70 mg/kg Leucin
Biotinsupplementierung
"Normales" Biotinstatus
Biotinmangel
Auf der Abbildung ist gut zu sehen, dass die Ausscheidung von 3-HIA nach der Leucin-Supplementierung bei konventioneller Ernährung weiterhin signifikant war, während bei den Personen, die zusätzlich 300 mcg Biotin ergänzten, kaum erhöht war. Nach Wiederholung des Versuchs mit einer höheren Leucindosis wurde dasselbe beobachtet.
In einer Studie aus dem Jahr 2013 wurden 17 Teilnehmer in 3 Gruppen eingeteilt. Bei den Mitgliedern einer Gruppe wurde durch Eiweiß ein Biotinmangel versursacht, die zweite Gruppe nahm 30 mcg Biotin zu sich, was einer durchschnittlichen Zufuhr entspricht, und die dritte Gruppe ergänzte 600 mcg. Die Aktivität eines der biotinabhängigen Enzyme war bei den Mitgliedern der dritten Gruppe fast doppelt so hoch wie bei der offiziell empfohlenen Zufuhr.(8)
Obwohl nur relativ wenige Personen an diesen Studien teilgenommen haben, deuten sie darauf hin, dass die empfohlene Zufuhr von 30 Mikrogramm zu niedrig ist, während eine Supplementierung mit 300 Mikrogramm einen Mangel erfolgreich beheben kann - unser Bedarf liegt also möglicherweise zwischen diesen zwei Werten. Eine Biotin-Supplementierung ist auch bei viel höheren Dosen harmlos, sodass es keine Obergrenze festgelegt ist.
Bei wem kann am ehesten ein Biotinmangel auftreten?
Ähnlich wie bei Cholin gelten auch bei Biotin Leber und Eigelb als die beiden besten Quellen. Bei den Eiern kommt jedoch das im Eiweiß enthaltene Avidin zum Tragen, das ohne entsprechende Hitzebehandlung das Biotin im Ei oder sogar die gesamte Tageszufuhr vollständig neutralisieren kann.
Sportler und Bodybuilder, die viel Eiweiß ohne Eigelb verzehren, sind daher gefährdet, da das Avidin durch Braten nicht vollständig entfernt wird.(1) Wenn jemand rohes Eiweiß in großen Mengen verzehrt, kann dies auf Dauer ebenfalls zu Mangelerkrankungen führen.
Eine höhere Eiweißzufuhr erhöht den individuellen Biotinbedarf, sodass eine Supplementierung in diesem Fall besonders wichtig ist, ebenso wie in der Schwangerschaft und Stillzeit. Obwohl die offizielle Empfehlung im letzteren Fall eine um 5 Mikrogramm höhere Dosis pro Tag empfiehlt (da dies dem Biotingehalt von 1 Liter Muttermilch entspricht), ist dies wahrscheinlich immer noch nicht ausreichend. Studien zufolge entsteht bei schwangeren Frauen häufig ein Biotinmangel (9,10), was sogar zu Komplikationen während der Schwangerschaft führen kann (9,11).
Auch das Rauchen kann – neben seinen zahlreichen negativen Auswirkungen – unseren Biotinbedarf erhöhen, denn eine Studie ergab, dass Raucher auch deutlich höhere 3-HIA-Werte und niedrigere Biotinwerte im Urin aufwiesen.(12)
Zusammenfassung
Biotin wird nur von ganz wenigen Menschen supplementiert, obwohl es ein wichtiges Vitamin ist, das viele Menschen nicht in ausreichendem Maße zu sich nehmen. Es wird meist nur im Zusammenhang mit der Gesundheit der Haare erwähnt, obwohl es auch für viel wichtigere Stoffwechselprozesse benötigt wird.
Die optimale Zufuhr ist wahrscheinlich das Vielfache der offiziell festgelegten Menge, die in Wirklichkeit der abgerundeten, durchschnittlichen menschlichen Aufnahme entspricht.
Eine Supplementierung wird Sportlern, schwangeren Frauen und stillenden Müttern empfohlen, sowie denjenigen, die Leber oder Eigelb nicht regelmäßig verzehren.
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