Kurz und verständlich über Selen
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Matthew Messer

Matthew Messer

Chefredakteur

Selen ist ein essentieller Mineralstoff, der notwendig für unseren Körper ist. Es spielt beim Funktionieren der Schilddrüse und bei der Immunität eine wichtige Rolle und ist auch für die Synthese von DNA und das Funktionieren unseres natürlichen antioxidativen Systems unerlässlich. (1) Es kommt in vielen Lebensmitteln vor, aber der Selengehalt von Lebensmitteln wird stark davon beeinflusst, wie viel davon im Boden enthalten ist. Einige Gebiete sind besonders arm an Selen, was sich auch im Selengehalt der von dort stammenden Lebensmitteln widerspiegelt. (1) Selenmangel beim Menschen tritt häufig in Regionen auf, in denen Lebensmittel geringe Konzentrationen von Selen enthalten, aber in den meisten Gebieten ist die Selenversorgung ausreichend. (1) Ein höherer Selenkonsum kann das Risiko für mehrere chronische Krankheiten deutlich verringern, aber bei seiner Ergänzung ist Vorsicht geboten, da es relativ leicht zu einer Überdosierung kommen kann. (2, 3, 4)

Wie viel Selen brauchen wir?

Die nötige tägliche Selenzufuhr wurde auf einen Wert von 55-70 mcg festgelegt, aber viele Menschen führen mehr davon zu. (5, 6) Das hat keine Nachteile, da eine höhere Selenzufuhr bis zu einem gewissen Grad eine gesundheitsschützende Wirkung hat, sodass eine Zufuhr von ca. 100-200 mcg pro Tag von Vorteil sein kann. Es sollte beachtet werden, dass die maximal akzeptable Menge auf 400 mcg festgelegt ist.

Wie lässt sich die notwendige Selenzufuhr sicherstellen?

Die besten Selenquellen sind tierische Lebensmittel, vor allem Fisch und Meeresfrüchte, da sie nicht nur eine konstant hohe Selenkonzentration haben, sondern es auch sehr gut resorbiert wird. (1, 5) Der Selengehalt von Fleisch, Eiern und Milchprodukten hängt davon ab, wie viel Selen die Tiere aus ihrer Nahrung bekommen, während dies bei pflanzlichen Lebensmitteln durch den Selengehalt des Ackerlandes bestimmt wird. Paranüsse (auch brasilianische Nüsse genannt) stechen unter den pflanzlichen Quellen hervor, da bereits ein einziges Stück die empfohlene Tagesdosis liefern kann, wenn es aus einem guten Anbaugebiet stammt. (5)

Selenmangel tritt am häufigsten bei Menschen auf, die in selenarmen Gebieten leben und sich pflanzlich ernähren. In China zum Beispiel, wo dies ziemlich oft der Fall war, führte Selenmangel bei vielen Menschen zu schweren Herzerkrankungen, Infektionen und sogar zu Impotenz. (7) Nach der Einführung einer Selenergänzung gelang es ihnen, diese Krankheiten zu unterdrücken.

Es gibt verschiedene Arten von Selenergänzungen: Die beliebtesten sind organisches Selenmethionin und mit Selen angereicherte Hefe sowie verschiedene anorganische Selensalze wie z. B. Natriumselenat. Es ist empfehlenswert, organische Formen zu wählen, da ihre Resorption viel effizienter und ihr Konsum viel natürlicher ist. (8)

Gesundheitliche Auswirkungen von Selen

Nach dem gemeinsamen Ergebnis von Metaanalysen, die mehrere Studien zusammenfassen, hat eine höhere Selenzufuhr eine schützende Wirkung gegen bestimmte Herz-Kreislauf- und Tumorerkrankungen. (2, 3, 4)

In einer Metaanalyse, die 49 Studien zusammenfasste, wurde festgestellt, dass bei Personen mit einer höheren Selenversorgung das Krebsrisiko um 31% und die Wahrscheinlichkeit, an der Krankheit zu sterben, um 45% geringer war. (3) Die Selenergänzung hat jedoch in einigen Krebspräventionsstudien zu gemischten Ergebnissen geführt, höchstwahrscheinlich, weil die Testpersonen Amerikaner waren, die bereits vorher eine gute Selenversorgung hatten. (9) 

Eine höhere Selenzufuhr senkt auch das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Eine Metaanalyse ergab, dass eine ausreichende Selenzufuhr das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen um 15% senkte, während eine Selenergänzung zu einer Risikominderung von 11% führte. (2) In einer neueren Metaanalyse wurden ähnliche Ergebnisse festgestellt: eine höhere Selenversorgung zeigte eine Risikominderung von 13%. (4)

Aus einer neuen Studie, bei der 929 Teilnehmer untersucht wurden, lässt sich der optimale Bereich der Selenzufuhr ableiten. Die Forscher beobachteten eine U-förmige Kurve zwischen der Selenaufnahme der Teilnehmer und der Gesamtmortalität, was bedeutet, dass sowohl zu wenig als auch zu viel Selen negative Auswirkungen hatte – was erklärt, warum eine Selenergänzung nicht für jeden wirksam war. (10)

Selen ist für das reibungslose Funktionieren der Schilddrüse unerlässlich. In einer Studie reduzierte die Ergänzung mit täglich 200 mcg Selen signifikant die Schilddrüsenentzündung und Schilddrüsenunterfunktion bei Frauen mit autoimmuner Schilddrüsenerkrankung. (11) Eine Metaanalyse ergab auch, dass eine Selenergänzung die Anzahl von Antikörpern gegen die Schilddrüse bei Patienten mit autoimmuner Schilddrüsenerkrankung reduziert. (12)

Die Gefahren eines zu hohen Selenkonsums

Selen hat einen relativ schmalen optimalen Bereich, weshalb sowohl seine zu hohe Aufnahme als auch sein Mangel Gefahren birgt. Zu viel Selen kann zu Vergiftungen führen, deren Symptome nach Knoblauch riechender Atem, brüchige Nägel und gespaltenes Haar sowie verschiedene Verdauungsprobleme sind. (13) Aufgrund eines Produktionsfehlers erlitten 201 Personen eine Selenvergiftung, nachdem sie ein Nahrungsergänzungsmittel konsumiert hatten, dessen Selenkonzentration 200fach höher war als angegeben. Haarausfall und Verdauungsbeschwerden kamen bei vielen vor, aber nur eine Person wurde nach dem Vorfall ins Krankenhaus eingeliefert. (14)

Es ist unwahrscheinlich, dass jemand zu viel Selen über die Nahrung zu sich nimmt, aber es gibt einige Lebensmittel, wie die oben erwähnte Paranuss, mit denen man die als unbedenklich geltende Höchstmenge leicht überschreiten kann. Die genaue Menge an Selen, die zu Problemen führen kann, ist noch nicht bekannt. In einer interessanten Studie wurden Amazonas-Stämme untersucht, die eine extrem hohe Selenversorgung hatten und dennoch keinerlei Symptome einer Selenvergiftung aufwiesen. (15)

Es ist wichtig zu beachten, dass bereits 200-300 mcg Selenergänzung pro Tag Probleme verursachen können, zum Beispiel kann sie den Blutzuckerspiegel negativ beeinflussen, was wiederum das Diabetesrisiko erhöhen kann. (16, 17) Darüber hinaus können laut einer Beobachtungsstudie sogar Dosen von 200-300 mcg Selen die Aktivität einiger Immunzellen verringern. (13) 

[Das Titelbild der Notiz zeigt die mineralische Form von Selen.]

  1. Rayman MP. The importance of selenium to human health. Lancet. 2000 Jul 15;356(9225):233-41. doi: 10.1016/S0140-6736(00)02490-9. PMID: 10963212. 

  2. Flores-Mateo G, Navas-Acien A, Pastor-Barriuso R, Guallar E. Selenium and coronary heart disease: a meta-analysis. Am J Clin Nutr. 2006 Oct;84(4):762-73. doi: 10.1093/ajcn/84.4.762. PMID: 17023702; PMCID: PMC1829306. 

  3. Dennert G, Zwahlen M, Brinkman M, Vinceti M, Zeegers MP, Horneber M. Selenium for preventing cancer. Cochrane Database Syst Rev. 2011 May 11;(5):CD005195. doi: 10.1002/14651858.CD005195.pub2. Update in: Cochrane Database Syst Rev. 2014;3:CD005195. PMID: 21563143; PMCID: PMC3692366. 

  4. Zhang X, Liu C, Guo J, Song Y. Selenium status and cardiovascular diseases: meta-analysis of prospective observational studies and randomized controlled trials. Eur J Clin Nutr. 2016 Feb;70(2):162-9. doi: 10.1038/ejcn.2015.78. Epub 2015 May 20. PMID: 25990689. 

  5. https://ods.od.nih.gov/factsheets/Selenium-HealthProfessional/ 

  6. https://www.efsa.europa.eu/en/efsajournal/pub/3846 

  7. Chen J. An original discovery: selenium deficiency and Keshan disease (an endemic heart disease). Asia Pac J Clin Nutr. 2012;21(3):320-6. PMID: 22705420. 

  8. Susan J Fairweather-Tait, Rachel Collings, Rachel Hurst, Selenium bioavailability: current knowledge and future research requirements, The American Journal of Clinical Nutrition, Volume 91, Issue 5, May 2010, Pages 1484S–1491S, https://doi.org/10.3945/ajcn.2010.28674J 

  9. Vinceti M, Filippini T, Del Giovane C, Dennert G, Zwahlen M, Brinkman M, Zeegers MP, Horneber M, D'Amico R, Crespi CM. Selenium for preventing cancer. Cochrane Database Syst Rev. 2018 Jan 29;1(1):CD005195. doi: 10.1002/14651858.CD005195.pub4. PMID: 29376219; PMCID: PMC6491296. 

  10. Tan QH, Huang YQ, Liu XC, Liu L, Lo K, Chen JY, Feng YQ. A U-Shaped Relationship Between Selenium Concentrations and All-Cause or Cardiovascular Mortality in Patients With Hypertension. Front Cardiovasc Med. 2021 Jul 30;8:671618. doi: 10.3389/fcvm.2021.671618. PMID: 34395551; PMCID: PMC8360873. 

  11. Negro R, Greco G, Mangieri T, Pezzarossa A, Dazzi D, Hassan H. The influence of selenium supplementation on postpartum thyroid status in pregnant women with thyroid peroxidase autoantibodies. J Clin Endocrinol Metab. 2007 Apr;92(4):1263-8. doi: 10.1210/jc.2006-1821. Epub 2007 Feb 6. PMID: 17284630. 

  12. Wichman J, Winther KH, Bonnema SJ, Hegedüs L. Selenium Supplementation Significantly Reduces Thyroid Autoantibody Levels in Patients with Chronic Autoimmune Thyroiditis: A Systematic Review and Meta-Analysis. Thyroid. 2016 Dec;26(12):1681-1692. doi: 10.1089/thy.2016.0256. Epub 2016 Nov 2. PMID: 27702392. 

  13. Vinceti M, Wei ET, Malagoli C, Bergomi M, Vivoli G. Adverse health effects of selenium in humans. Rev Environ Health. 2001 Jul-Sep;16(4):233-51. doi: 10.1515/reveh.2001.16.4.233. PMID: 12041880. 

  14. MacFarquhar JK, Broussard DL, Melstrom P, et al. Acute selenium toxicity associated with a dietary supplement. Arch Intern Med. 2010;170(3):256-261. doi:10.1001/archinternmed.2009.495 

  15. Lemire M, Philibert A, Fillion M, Passos CJS, Guimarães JRD, Barbosa F Jr, Mergler D. No evidence of selenosis from a selenium-rich diet in the Brazilian Amazon. Environ Int. 2012 Apr;40:128-136. doi: 10.1016/j.envint.2011.07.005. Epub 2011 Aug 19. PMID: 21856002. 

  16. Faghihi T, Radfar M, Barmal M, Amini P, Qorbani M, Abdollahi M, Larijani B. A randomized, placebo-controlled trial of selenium supplementation in patients with type 2 diabetes: effects on glucose homeostasis, oxidative stress, and lipid profile. Am J Ther. 2014 Nov-Dec;21(6):491-5. doi: 10.1097/MJT.0b013e318269175f. PMID: 23633679. 

  17. Stranges S, Marshall JR, Natarajan R, Donahue RP, Trevisan M, Combs GF, Cappuccio FP, Ceriello A, Reid ME. Effects of long-term selenium supplementation on the incidence of type 2 diabetes: a randomized trial. Ann Intern Med. 2007 Aug 21;147(4):217-23. doi: 10.7326/0003-4819-147-4-200708210-00175. Epub 2007 Jul 9. PMID: 17620655. 

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