Matthew Messer

Matthew Messer

Chefredakteur

Selen spielt eine äußerst wichtige Rolle im Abwehrsystem unseres Körpers, was vor allem seinen antioxidativen Eigenschaften zu verdanken ist. Chronische Entzündungsprozesse können diesen natürlichen Schutz mit der Zeit erschöpfen, wodurch die Schwere der Erkrankungen zunimmt. Eine der wichtigsten Arten der entzündlichen Darmerkrankungen ist die Colitis ulcerosa, die auch dadurch gekennzeichnet ist. In dieser Studie wurde untersucht, ob eine Selenergänzung dazu beitragen kann, Entzündungen zu lindern und den Zustand der Patienten zu verbessern.

Was ist Colitis ulcerosa?

Colitis ulcerosa ist eine entzündliche Darmerkrankung, die hauptsächlich die Schleimhaut des Dickdarms befällt. Die genauen Ursachen der Krankheit sind bis heute unbekannt, und die Behandlung zielt in der Regel auf die Linderung der Symptome ab. 

Die zur Linderung der Symptome eingesetzten Medikamente können jedoch zahlreiche Nebenwirkungen haben. Daher werden derzeit verschiedene therapeutische Strategien erforscht, die den Zustand der Patienten möglicherweise verbessern können und weniger schädlich sind.

Warum könnte Selen helfen?

Seit den 1980er Jahren haben zahlreiche Forscher beobachtet, dass die Selenkonzentration im Serum von Patienten mit Colitis ulcerosa meist recht niedrig ist.(1) Frühere Studien haben zudem gezeigt, dass die Selenkonzentrationen mit der Krankheitsaktivität und ihrer Schwere korrelieren.(2)
 
In einer Studie an Tiermodellen steigerte die höhere Selenzufuhr den Anteil der regulatorischen T-Immunzellen und verringerte den Spiegel des Entzündungsmarkers IL-17, wodurch die Dickdarmentzündung und die Symptome der feingeweblichen Schädigung deutlich reduziert wurden.(3)

Daher kann man davon ausgehen, dass eine Selenergänzung die Symptome und den Schweregrad der Erkrankung lindern kann, doch bisher gab es keine qualitativ hochwertige randomisierte Studie, die dies beim Menschen untersucht hätte.(4)

Die neue Studie 

Es wurden ausschließlich TeilnehmerInnen ausgewählt, die im letzten Monat keine Medikamente, Selenpräparate oder Multivitamine eingenommen hatten und sie wurden angewiesen, ihre normale Ernährung während der Studie nicht zu ändern. Auch bei anderen gesundheitsrelevanten Faktoren wie Gewicht, Rauchen, Alkohol- oder Medikamentenkonsum gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den TeilnehmerInnen.

Diejenigen, die die Aufnahmekriterien erfüllten, wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe erhielt eine oral einzunehmende Selenkapsel mit 200 mcg Selenomethionin, die andere eine gleich große und gleich aussehende Placebokapsel. Schließlich hatte die 10-wöchige Studie 100 Teilnehmer, von denen in den beiden Gruppen 44 bzw. 45 die Studie erfolgreich abgeschlossen haben. 

Der wichtigste Faktor war ein SCCAI-Test zur Beurteilung der Krankheitsaktivität. Der SCCAI-Tesi basiert auf sechs klinischen Parametern, die neben den Symptomen der Colitis ulcerosa auch das allgemeine Wohlbefinden bewerten. Höhere Punktzahlen zeigen den Schweregrad der Krankheit in den letzten 2 Wochen an. 
Eine klinische Verbesserung wurde definiert als eine Verringerung der SCCAI-Werte um mindestens 3 Punkte gegenüber dem Ausgangswert, eine klinische Remission als ein SCCAI-Wert von weniger als 2 in Woche 10. 

Zu den untersuchten sekundären Faktoren gehörten ein weiterer Fragebogentest zur Bewertung der Lebensqualität der Teilnehmer, zwei Entzündungsmarker (IL-10 und 17) und die Veränderungen des Selenspiegels im Serum.

Ergebnisse

Zu Beginn der Studie gab es keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen und die Entzündungsmarker (IL-10 und IL-17) waren ebenfalls ähnlich.

  • Die 10-wöchige Selensupplementierung verringerte den SCCAI-Testwert im Durchschnitt um 1,8 Punkte, sodass sich der Zustand der Patienten verbesserte, während er sich in der Placebogruppe verschlechterte. 
  • Die klinische Verbesserung, d. h. eine Verringerung um 3 Punkte, betrug in der Selensupplementierungsgruppe (19 Teilnehmer) 38 %, während in der Placebogruppe (3 Teilnehmer) nur 6 %. 
  • Die klinische Remission betrug am Ende der Studie in der Selensupplementierungsgruppe (10 Teilnehmer) 20 %, demgegenüber (2 Teilnehmer) in der Placebogruppe nur 4 %.
  • Der Wert des entzündungsfördernden Markers IL-17 reduzierte sich durch die Selensupplementierung signifikant, während er in der Placebogruppe unverändert blieb. Bei den IL-10-Werten gab es keine signifikante Veränderung.
  • Wie erwartet, erhöhte die Selensupplementierung den Selenspiegel im Blut. 
  • Die Forscher stellten fest, dass eine Selensupplementierung von 200mcg/Tag über einen Zeitraum von 10 Wochen die klinischen Symptome der Krankheit verbessern und bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer aktiver Colitis ulcerosa sogar zu einer Remission führen kann.

ÁBRA

Prozentsatz

Klinische Besserung
Selen
Placebo
Klinische Remission
Selen
Placebo


Weitere Studien, die zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sind 

In einer 1997 veröffentlichten Studie verbesserte eine Supplementierung mit 2 x 300 mcg Selen pro Tag über 4 Wochen die klinischen Symptome der Colitis ulcerosa signifikant.(5) 

Im Einklang mit diesen Ergebnissen bewies eine andere Studie, dass eine kombinierte Ergänzung mit 500 mg Curcumin, 250 mg Grüntee-Extrakt und 100 mcg Selenomethionin die Colitis-Symptome und die Krankheitsaktivität nach 8 Wochen bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Colitis reduzierte.(6)

Zusammenfassung

Entzündliche Darmerkrankungen können die Auswahl der Speisen leider stark einschränken, die man verzehren kann und die Patienten trauen sich aus Angst vor den Symptomen oft nicht, genug zu essen. Dies erhöht an sich schon das Risiko eines Mikronährstoffmangels, und chronische Entzündungsprozesse erschöpfen den Körper noch mehr. 

Eine Forschung hat gezeigt, dass 85 % der Menschen mit entzündlichen Darmerkrankungen an einer Form von Mikronährstoffmangel leiden...(7)

Spurenelemente wie Selen werden in der Regel wenig beachtet, obwohl es in vielen Bereichen Selenmangel gibt und es sehr leicht zu einem Mangel kommt. Sollte man an einer entzündlichen Erkrankung des Verdauungstrakts leiden, ist es ratsam, auf die Vorbeugung eines Mangels an Selen und anderen Spurenelementen zu achten, da dies den Krankheitszustand verschlimmern kann.
 

  1. Short SP, Pilat JM, Williams CS. Roles for selenium and selenoprotein P in the development, progression, and prevention of intestinal disease. Free Radic Biol Med. 2018 Nov 1;127:26-35. doi: 10.1016/j.freeradbiomed.2018.05.066. Epub 2018 May 17. PMID: 29778465; PMCID: PMC6168360.
  2. Poursadegh F, Ahadi M, Vosoughinia H, Salehi M, Namdar AB, Farzanehfar MR, Memar B, Ziaolhagh R (2018) A STROBE compliant observational study on trace elements in patients with ulcerative colitis and their relationship with disease activity. Medicine 97(52):e13523
  3. Kaushal N, Kudva AK, Patterson AD, Chiaro C, Kennett MJ, Desai D, Amin S, Carlson BA, Cantorna MT, Prabhu KS (2014), Crucial role of macrophage selenoproteins in experimental colitis. J Immunol 193(7):3683–3692
  4. Khazdouz M, Daryani NE, Cheraghpour M, Alborzi F, Hasani M, Ghavami SB, Shidfar F. The effect of selenium supplementation on disease activity and immune-inflammatory biomarkers in patients with mild-to-moderate ulcerative colitis: a randomized, double-blind, placebo-controlled clinical trial. Eur J Nutr. 2023 Dec;62(8):3125-3134. doi: 10.1007/s00394-023-03214-9. Epub 2023 Jul 31. PMID: 37525068.
  5. Stedman, J., Spyrou, N., Millar, A., Altaf, W., Akanle, O., & Rampton, D. (1997). Selenium supplementation in the diets of patients suffering from ulcerative colitis. Journal of Radioanalytical and Nuclear Chemistry, 217(2), 189-191.
  6. Shapira S, Leshno A, Katz D, Maharshak N, Hevroni G, JeanDavid M, Kraus S, Galazan L, Aroch I, Kazanov D (2018) Of mice and men: a novel dietary supplement for the treatment of ulcerative colitis. Therapeut Adv Gastroenterol 11:1756283X17741864
  7. Weisshof R, Chermesh I. Micronutrient deficiencies in inflammatory bowel disease. Curr Opin Clin Nutr Metab Care. 2015 Nov;18(6):576-81. doi: 10.1097/MCO.0000000000000226. PMID: 26418823.
  8. Geerling BJ, Badart-Smook A, Stockbrügger RW, Brummer RJ. Comprehensive nutritional status in patients with long-standing Crohn disease currently in remission. Am J Clin Nutr. 1998 May;67(5):919-26. doi: 10.1093/ajcn/67.5.919. PMID: 9583850.

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