Matthew Messer

Matthew Messer

Chefredakteur

Die Bekämpfung von Infektionen mit Vitamin A hat eine jahrhundertelange Tradition. (1) In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden hierzu mehrere klinische Studien durchgeführt, die in den meisten Fällen belegten, dass Vitamin A die Häufigkeit und Schwere von Infektionen verringerte. Mit dem Aufkommen von Antibiotika wurde Vitamin A zwar in den Hintergrund gedrängt, doch zum Ende des Jahrhunderts stand es erneut im Fokus, vor allem in Entwicklungsländern, wo es sich in Studien abermals als wirksam erwies. (2) Da Vitamin A trägt zur Funktion verschiedener Immunzellen beiträgt, spielt es eine wichtige Rolle für die Abwehrkräfte des Körpers. (2

Spitzenteam Vitamin A und Vitamin D: füreinander unverzichtbar 

Der erste Forscher, der in Vitamin A ein mögliches Mittel zum Schutz vor Infektionen sah, war der britische Biochemiker und Ernährungsexperte Sir Edward Mellanby. Seine bahnbrechende Arbeit zu fettlöslichen Vitaminen bildete die Voraussetzung dafür, dass Vitamin A, D und K heute so weitläufig verwendet werden. In seinen Experimenten benutzte er Dorschleber, die zu jener Zeit neben einer Menge Vitamin A auch Vitamin D3 enthielt. Deshalb war ihre Wirkung auch deutlich stärker als die von reinem Vitamin A. R1  

Dies erkannte auch I. G. Spiesman, der 1941 eine Studie veröffentliche, nach der Vitamin A und Vitamin D separat angewendet auch in riesigen Dosen wirkungslos gegen Erkältungen waren, während sie in Kombination zu einer deutlichen Verbesserung der Krankheitssymptome führten. (3)

Wie ist das möglich?  

Die Synergie zwischen den zwei Vitaminen hat man erst viel später verstanden, im 21. Jahrhundert. Beide Vitamine stellen einen Grundpfeiler für ein funktionierendes Immunsystem dar, doch Vitamin A ist darüber hinaus auch für die Funktion von Vitamin D selbst notwendig.  (4, 5)  Allerdings trifft auch das Gegenteil zu: Ohne Vitamin D ist auch Vitamin A nicht vollkommen wirksam, und da es den Vitamin-D-Spiegel des Körpers senkt, kann es sich sogar negativ auswirken. (6)  

Dies bestätigt auch eine Studie aus dem Jahr 2020, in welcher durch kombinierte Supplementierung von Vitamin A und Vitamin D3 das Schlaganfallrisiko und das Entzündungslevel im Organismus deutlich gesenkt werden konnten. Gleichzeitig erhöhte sich sowohl der Spiegel von Vitamin A als auch der von Vitamin D3. (7) Wurden Vitamin A und Vitamin D3 jedoch einzeln eingenommen, senkten sie den Spiegel des jeweils anderen und hatten eine schwächere Wirkung als in Kombination.  

Die Geschichte von Vitamin A und Vitamin D ist überaus abenteuerlich; im 21. Jahrhundert stand mal das eine und mal das andere im Scheinwerferlicht. Wurde eines von beiden Vitaminen populärer, sank zugleich die Beliebtheit des anderen. Über Vitamin A gibt es viel Negatives zu lesen, doch alle Argumente zerfallen, wenn gleichzeitig auf die Vitamin-D-Zufuhr geachtet wird und auf natürliche Quellen zurückgegriffen wird. 

Wie effektiv wirkt Vitamin A gegen Infektionen? 

Der bereits erwähnte Edward Mellanby wendete Vitamin A als Erster bei einer postpartalen Infektion an, was zur damaligen Zeit eine ernste Erkrankung darstellte, die 90 % der Patientinnen nicht überlebten.  Eine hohe Dosis Vitamin A führte jedoch bei 5 von 5 Erkrankten zur Genesung. Dieser außerordentliche Erfolg bildete den Anreiz für spätere Forschungen, die ebenfalls alle zu dem Schluss kamen, dass Vitamin A bei Erkrankungen der oberen Atemwege die Zahl der Infektionen, die Schwere der Erkrankung und die Zahl der Krankheitstage senkt. (1)  

Nach einer Zeit wurde Dorschleberöl von Millionen von Menschen in Europa und Amerika täglich verwendet und drängte schließlich auch Antibiotika langsam in den Hintergrund. In neueren Studien, die um einiges moderner und verlässlicher waren, wurde es auch gegen Masern, Mumps, Malaria und Durchfall im Kindesalter für wirksam befunden. (2) 

Auch im Kindesalter ist eine Ergänzung sinnvoll 

Da viele Infektionskrankheiten das Verdauungssystem angreifen und somit die Aufnahme von Vitaminen einschränken, wird im Alter von 6 Monaten bis 5 Jahren eine hochdosierte Supplementierung von Vitamin A empfohlen, um einen Vitaminmangel zu vermeiden.  

Die Vermutung liegt nahe, dass Vitamin-A-Mangel nur noch in Entwicklungsländern auftreten kann. Tatsächlich werden jedoch auch in westlichen Ländern nicht genug Vitamin-A-haltige Lebensmittel konsumiert, sodass es gut möglich ist, dass sich der Gesundheitszustand zahlloser Menschen durch die Einnahme von Vitamin A bessern würde.  

  1. Richard D. Semba, Vitamin A as “Anti-Infective” Therapy, 1920–1940, The Journal of Nutrition, Volume 129, Issue 4, April 1999, Pages 783–791, https://doi.org/10.1093/jn/129.4.783 

  2. Huang Z, Liu Y, Qi G, Brand D, Zheng SG. Role of Vitamin A in the Immune System. J Clin Med. 2018;7(9):258. Published 2018 Sep 6. doi:10.3390/jcm7090258 

  3. SPIESMAN IG. MASSIVE DOSES OF VITAMINS A AND D IN THE PREVENTION OF THE COMMON COLD. Arch Otolaryngol. 1941;34(4):787–791. doi:10.1001/archotol.1941.00660040843010 

  4. Sánchez-Martínez R, Castillo AI, Steinmeyer A, Aranda A. The retinoid X receptor ligand restores defective signalling by the vitamin D receptor. EMBO Rep. 2006 Oct;7(10):1030-4. doi: 10.1038/sj.embor.7400776. Epub 2006 Aug 25. PMID: 16936639; PMCID: PMC1618365. 

  5. Fu X, Wang XD, Mernitz H, Wallin R, Shea MK, Booth SL. 9-Cis retinoic acid reduces 1alpha,25-dihydroxycholecalciferol-induced renal calcification by altering vitamin K-dependent gamma-carboxylation of matrix gamma-carboxyglutamic acid protein in A/J male mice. J Nutr. 2008 Dec;138(12):2337-41. doi: 10.3945/jn.108.093724. PMID: 19022954. 

  6. Crandall C. Vitamin A intake and osteoporosis: a clinical review. J Womens Health (Larchmt). 2004 Oct;13(8):939-53. doi: 10.1089/jwh.2004.13.939. PMID: 15671709. 

  7. Kadri A, Sjahrir H, Juwita Sembiring R, Ichwan M. Combination of vitamin A and D supplementation for ischemic stroke: effects on interleukin-1ß and clinical outcome. Med Glas (Zenica). 2020 Aug 1;17(2):425-432. doi: 10.17392/1137-20. PMID: 32567290. 

Verwandte Inhalte: